Politik als Gemeingut verstehen.

Politik als Gemeingut verstehen und pflegen. Unter diesem Arbeitstitel wird hier eine Art Conclusio der Aktivitäten der IG Demokratie und des Austauschs mit der vielfältigen Community darum herum gestartet. Gut dreißig Demokratie-Repaircafes, einige davon im öffentlichen Raum, verschiedenste Workshops, Gespräche und (Kooperations-)Projekte haben wir in den vergangenen, mittlerweile fast acht, Jahren (mit)initiiert. Bei unzähligen anderen Formaten waren wir zu Gast. Und heuer, in den Zeiten des Lockdowns und der Video-Konferenzen, gab es bisher vier online-Dialoge zu dem Gedankengang „Politik als Gemeingut verstehen“ – daraus, aus den Erkenntnissen der vergangenen Jahre, Beiträgen und Erinnerungen, und den aktuellen Dialogen speist sich dieser neue Pfad hier, mit dem Anspruch, dass diese Arbeit und dass „etwas“ weitergeht!

Gemeingüter – Anspruch und Realität

der Band von Nikolaus Dimmel und Tom Schmid erschien im September 2019

Politik als Gemeingut pflegen ist auch ein Anspruch und der Zugang sollte eine Selbstverständlichkeit sein. „Selbstverständlich ist die Demokratie, ist unsere Politik ein Gemeingut“, wie einer Gesprächspartnerin in den Online-Dialogen formulierte. Das ist nicht für alle selbstverständlich. Sowie auch nicht Alles was nach außen als Gemeingut erscheint oder so benannt wird, auch im Inneren wirklich ein solches ist.
Eine verkürzte Definition: Wenn es mit einem Gemeingut ganz ernst gemeint ist, handelt es sich um eine Sache, die einerseits gemeinschaftlich genutzt wird und andererseits auch gemeinschaftlich durch die Nutzer*innen (und Mitarbeiter*innen) verwaltet wird. Dabei kann es sich um etwas physisch Greifbares oder Technisches handeln, oder auch um geistig nutzbare Gemeingüter (zB. Wissensallmende). Scheiden tun sich die Geister dabei in erster Linie bei der Frage wie gut tatsächlich gemeinsam verwaltet wird. Dazu passt auch das vielleicht beste Beispiel, das zeigt dass Demokratie und Politik als Gemeingut zu verstehen, keineswegs ein weit hergeholter Anspruch sein müsste, aber eben in der Realität doch ein hoher Anspruch ist. Die Selbstverwaltung der österreichischen Sozialversicherungen. Sie ist im Bundes-Verfassungsgesetz verankert, und soll die Mitwirkung des Volkes (der Versicherten!) an der Verwaltung „effektiv“ sicherstellen. Die Realität ist bei der Sozialversicherung ebenso eine andere, wie bei der Demokratie hierzulande selbst. Die meisten Versprechen werden nicht eingehalten.

Wie machen wir Politik?

Die Art wie wir Politik machen, oder besser gesagt, die Art wie wir in Österreich Politik machen lassen ist aus der Sicht der meisten (Regierungs-)Parteien quasi in Stein gemeißelt. Und für uns (nicht)Wähler*innen. Wir lassen machen. Wir outsourcen die Gestaltung unserer Lebensumstände. Wir geben mit dem Kreuz bei der Wahl Verantwortung ab. Und so wie es aussieht ist es ein deutliches zuviel an Verantwortung, an dem sich „die Politik“ überhebt. Gründe für das wenig bis nicht gut Funktionieren unserer Politik hat es viele, nach wie vor fehlende Transparenzgesetze etwa sind ein zentrales Defizit. Hervorheben möchten wir hier aber die These dass wir als Gesellschaft in Österreich kein gemeinsames Verständnis von Politik und Demokratie haben. Was ist damit gemeint? Die politische Bildung für junge Menschen in Österreichs Schulen beschränkt sich weitgehend auf die Vermittlung des StatusQuo, und nicht einmal das wir laut eines Dialog-Gesprächspartners überall gut bzw. gar nicht umgesetzt, weil politische Bildung nach wie vor nicht in allen Schulen unterrichtet wird. Quasi völlig fehlt aber in der politischen Bildung der Zugang zu der Frage wie man die Demokratie und unsere politischen Strukturen weiterentwickeln könnte. Und das während in den vergangenen Jahren zig spannende Beispiele für innovative und zeitgemäßes gemeinsames Gestalten entstanden sind

www.buergerrat.de

… und auch praktiziert werden, vor allem international aber auch in unseren Bundesländern. Wie soll hier ein gemeinsames Verständnis von Politik entstehen?







warum wäre ein gemeinsames Verständnis von Politik wichtig?

Als erstes ist hier der vielleicht schwerwiegendste und zugleich … absurdeste? „demokratische“ Widerspruch zu erwähnen. Die durchgängig manifestierte Logik, dass Entscheidungen die (von Regierungen) mit einer Mehrheit getroffen werden, automatisch und die zu akzeptierende „ beste Entscheidung für alle“ wären. Dem ist natürlich nicht so. Das beweißen nicht nur allerhand historische Beispiele. (Link folgt). Es ist eigentlich völlig unerklärlich wie man auf die Idee kommt, dass Entscheidungen die 51 gegen 49% zustande kommen können (egal mit welcher Mehrheit) als Demokratie oder demokratisch bezeichnet werden. Ein Versprechen der Demokratie hierzulande ist ja bekanntlich dass „das Recht vom Volk aus geht“. Das Recht geht aber nur von einem Teil des Volks gegen einen anderen (meist auch sehr großen) Teil des Volks aus.

“repräsentativ” ist etwas anderes.
das Ergebnis der Nationalratswahlen 2019 in Österreich unter Berücksichtigung von Nichtwähler*innen und Nicht-Wahlberechtigten Einwohner*innen. Graphik von Gerd Valchars.

Und dazu kommt die Tatsache, dass die Beteiligung bei Wahlen, nicht nur in Österreich, auf den meisten Ebenen stetig am Sinken ist. Soll heißen Regierungsmehrheiten kommen zum Teil mit deutlich weniger als 40% der Wähler*innen-Stimmen zusammen. Unterstrichen durch die Tatsache, dass eine „stimmenstärkste“ und somit tonangebende Partei mit 20-25% Stimmenanteil ein Land regieren kann. Unter richtiger Legitimation kann man auch etwas anderes verstehen und es wäre spannend wenn wir uns als Gesellschaft mit “neuen” Zugängen in der Entscheidungsfindung auseinandersetzen. Die Soziokratie mit dem Konsent-Prinzip und das systemische Konsensieren bieten hier etwa Konzepte die bereits in verschiedenen Bereichen, zum Teil auch in Gemeindevertretungen erprobt werden. Abgesehen von diesem zu wenig beachteten “Problem” gibt es zahlreiche andere Widersprüche, Misstände und blinde Flecken. Dass wie erwähnt nach wie vor zeitgemäße Transparenzgesetze fehlen, verhindern dass wichtige Informationen zum Umgang mit Steuergeldern oder grundsätzlichen Entscheidungen öffentlich werden. Viele dieser fehlenden Informationen würden mit großer (an Sicherheit grenzender) Wahrscheinlichkeit Wahlergebnisse beeinflußen. Stattdessen wird damit der Nährboden für Korruption, Miss- und Freunderlwirtschaft bereitet. Schwer zu verstehen ist, dass breite Teile der Bevölkerung diese Umstände weitgehend zu aktzeptieren scheinen.

gemeinsam “Politik” definieren – geht das?

Es hat also einige gravierende Demokratie-Defizite, jedoch haben wir als Gesellschaft viele unterschiedliche Blicke auf diese Defizite und verschiedene Zugänge zu Politik und Demokratie. Selbstverständlich ist die Demokratie ein Gemeingut, sagen die einen. Die nächsten wenden sicht frustiert von den Wahlen ab. Andere wünschen sich einen starken Mann an der Spitze oder tolerieren die Art wie die Parteien ihr Geschäft machen. Was jedenfalls nicht passiert: Niemand fragt uns als zB. Erst-Wähler*innen ob wir mit unserem Wahlrecht zufrieden sind, oder ob man da vielleicht was besser machen könnte. Und wir fragen uns >als Gesellschaft< nicht wie wir die Demokratie, unsere politischen Strukturen verbessern oder weiterentwickeln könnten. Die Demokratie ist ein Betriebssystem, und wie alle anderen Betriebssysteme braucht es dafür auch regelmäßige Updates. Verfügbar sind diese auch, nur halten sich die Update-Blocker hartnäckig. Schön wäre demgegenüber als Gesellschaft gemeinsam für uns zu definieren wie wir Politik machen wollen. Unter “die Politik” werden weitgehend die Parteien und ihre selbstgegebenen Regeln verstanden. Diese Regeln, die Regeln für die Gestaltung unserer Lebensumstände, deren Organisation und Verwaltung, sollten und können wir uns jedoch selbst gestalten und auch kontrollieren. Dass das geht zeigen einige neue und auch ältere Beispiele. Auf “kleineren” Ebenen zeigen Projekte wie das Wohnprojekt-Wien, dass das gemeinsame Gestalten von Regelwerken eine logische Sache sein kann. Für größere Ebenen braucht es vielleicht etwas mehr Vorstellungskraft bei der Frage ob es überhaupt möglich ist, dass sich 9 Millionen oder mehr Menschen gemeinsam ihre Regeln gestalten können. Zusätzlich braucht es dafür aber vor allem Know-How und Ressourcen. Aber auch hierfür gibt es mittlerweile einige gute Beispiele wie im größeren Stil viele Menschen an gemeinsamen Zielen oder ähnlichem arbeiten können.

wo anfangen? … Kulturtechnik Kommunikation



Mit dem Erforschen neuer Methoden der Entscheidungsfindung einher geht das Erfahren/Erlernen … von wertschätzender, effektiver, kreativer, Kommunikations- und Gesprächskultur ….


bald geht´s hier weiter .. mit
wie uns Zufallsauswahl aus der Filterblase holen.
Haltungen, Werte, Widersprüche?
#liquidautonomy
tools

/meta-themen und fragen/hebel/verwaltung/was fehlt/?praktisches//konzeptuellem wie #liquidautonomy ..etc.
.. sowohl als auch statt entweder oder? .. geht das immer und überall??





https://www.kellerabteil.org/2016/12/by-htm/